Ein Claim Manager hat einen überaus spannenden Job. Er ist der Spezialist für Verhandlungen über strittige Projekt- und Vertragsfragen und vereinigt mehrere Funktionen in sich: den juristischen und den technischen Experten und zugleich den Manager von Projekten.
Was ist / Was macht ein Claim Manager?
Der Claim Manager ist für einen der Vertragspartner, ob Auftraggeber oder Auftragnehmer, tätig. Er hat berechtigte Forderungen gegenüber einem Projektpartner durchzusetzen und/oder die (unberechtigten) Forderungen der anderen Seite(-n) zu vermeiden oder abzuwehren.
Claims ist der englische Begriff für Forderungen oder Nachforderungen. Daher wird der Claim Manager auf Deutsch auch als Nachforderungsmanager, das Claim Management auf Deutsch als Nachforderungsmanagement bezeichnet. In manchen Stellenangeboten wird dieser Bereich auch „Anti-Claim-Management" genannt.
Was bedeutet Claim Management?
Das Nachforderungsmanagement ist verantwortlich für alle Forderungsansprüche innerhalb eines bestehenden Contracts. Laut der entsprechenden DIN-Norm 69905 versteht man hierzulande unter Claim Management bzw. Nachforderungsmanagement „die Überwachung und Beurteilung von Abweichungen bzw. Änderungen und deren wirtschaftlichen Folgen zwecks Ermittlung und Durchsetzung von Ansprüchen”. Das bedeutet: Das Claim Management befasst sich mit Forderungen (Claims), die sich daraus ergeben, dass es zu Abweichungen vom ursprünglichen Projektplan kommt. Das können z.B. Verspätungen, erhöhte Kosten oder abweichende Ergebnisse in einer bestimmten Projektphase sein.
Da der Umgang mit Claims vielfach vertraglich nicht festgehalten ist, kommt es nicht selten zu Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern, wenn etwas anders verläuft als geplant. Die sich daraus ergebenden Forderungen können mitunter ein gerichtliches Verfahren nach sich ziehen, unerwünschte zeitliche Verzögerungen mit sich bringen oder sogar so weitreichend sein, dass sie die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens bedrohen. Aus diesen Gründen, und weil die Anzahl von Großprojekten mit umfangreichen Verträgen, mehreren Contract Partnern und komplexen Aufgabestellungen zunimmt, wird Claim Management immer häufiger in das Projektmanagement integriert. Es wird meist auf Seiten der kaufmännischen Geschäftsführung oder der operativen Projektleitung angesiedelt.
Claim Management: vor allem präventiv tätig
Die bedeutende Aufgabe des Nachforderungsmanagements liegt auf der Hand: Es ist im Rahmen des sogenannten Risikomanagements dafür zuständig, mögliche Risiken für Auftraggeber oder Auftragnehmer zu minimieren, den finanziellen Erfolg des Projekts und damit auch das Image des ausführenden Unternehmens zu sichern. Dabei geht es vorrangig um die Claim-Vermeidung von vornherein. Noch während der Angebotsphase und der Verhandlungen über den Vertrag hat das Claim Management dafür zu sorgen, dass der Contract keine Unklarheiten enthält, sodass Vertragspartner später keine Vorteile aus unsauberen Formulierungen ziehen können. Zum anderen geht es um die begleitende Projektkontrolle: Mithilfe des Reportings aus den einzelnen Abteilungen wird das Claim Management Änderungen im Projektverlauf schnell erkennen, sodass er sie möglichst noch korrigieren kann. Sofern Claims der anderen Vertragsseite doch auf den Tisch kommen, leitet der Claim Manager die entsprechenden Verhandlungen und wirkt hier möglichst deeskalierend auf alle Beteiligten ein.
Aktives Claim Management ist bestrebt, je nach Projekt und Contract Partner – und je nachdem, ob es um berechtigte Forderungen oder unberechtigte Forderungen geht – die passenden Strategien im Umgang mit Claims zu entwickeln. Dabei wird im Wesentlichen unterschieden zwischen einer aggressiven Claim-Strategie und einem defensiven Claim Management. Welche Claim-Strategie gewählt wird, hängt auch immer von der Unternehmenskultur und den Vertragspartnern ab.
Die zentralen Aufgaben im Claim Management:
- Beteiligung an der Vertragsgestaltung im Hinblick auf möglicherweise kritische/störanfällige Leistungen, die evtl. zu Nachforderungen führen könnten
- Kontinuierliche Begleitung des Projekts mit Überwachung von Meilensteinen und vertraglichen Fristen
- Dokumentation von Abweichungen
- Information aller beteiligten Projektpartner und Abteilungen über Änderungen und Störungen
- ggf. Korrektur von Abweichungen
- Alle projektbegleitenden Aktivitäten, die zur Vermeidung und Abwehr von Ansprüchen gegen das eigene Unternehmen führen, inkl. Kontrolle und Durchführungen von QM-Maßnahmen
Was braucht man für den Job des Claim Managers?
Ein Claim Manager sollte eine starke, kommunikationsfreudige Persönlichkeit sein und fachübergreifend agieren können, also auf technischem, juristischem und kaufmännischem Gebiet versiert sein. Neben branchenspezifischen Fachkenntnissen und ausreichend guten IT- und Fremdsprachenkenntnissen sind insbesondere Stärken wie Einfühlungsvermögen, Verhandlungsgeschick, Überzeugungskraft und Durchsetzungsstärke unverzichtbar für diesen Job. Vor allem bei strittigen Verhandlungen braucht ein Claim Manager viel Kreativität bei der Problemlösung und die Fähigkeit, eigene Ansprüche und Forderungen geltend zu machen, ohne die jeweils gegnerische Partei zu verärgern.
Wo arbeiten Claim Manager und was sind die Voraussetzungen für diesen Job?
Jobs für Claim Manager finden sich vielfach in Großprojekten der Maschinen-, Industrie- und Anlagenbaubranche, im Baubereich oder in der Forschungs- und Entwicklungsbranche. Letztlich sind sie in allen Bereichen tätig, in denen es um komplexe technische Unternehmen geht, die mit meist ebenso komplexen Verträgen geregelt werden. Da diese sowohl eine fundierte Kenntnis der technischen Abläufe als auch juristische bzw. vertragliche und kaufmännische Expertise erfordert, übt der Claim Manager eine anspruchsvolle, fachübergreifende Aufgabe im Projektmanagement aus und muss entsprechend umfassendes Know-how mitbringen.
In aller Regel führt ein abgeschlossenes Studium im technischen Bereich (z.B. der Fachrichtungen Bauingenieurwesen, Wirtschaftsingenieurwesen/Bauwesen oder Architektur) oder auch der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften in den Job. Daneben kann auch eine vergleichbare einschlägige Ausbildung mit langjähriger fachspezifischer Berufserfahrung, verbunden mit ausreichenden Kenntnissen in Vertragsrecht, den Berufseinstieg ermöglichen.