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KI im Bewerbungsaspekt

verfasst von Simon Umminger - 17.11.2023

Künstliche Intelligenz im Bewerberaspekt

Künstliche Intelligenz (kurz KI oder international AI für Artificial Intelligence) ist in aller Munde. Längst hat sie Einzug in unsere Arbeitswelt gehalten, viele Branchen und Tätigkeitsfelder bereits grundlegend verändert. Was die einen gut finden, macht anderen Angst: Viele Arbeitsplätze, so die Befürchtung, werden durch KI gefährdet oder sogar vernichtet. Die Befürworter halten dagegen: Künstliche Intelligenz habe das Potenzial, viele Prozesse zu erleichtern und zu beschleunigen sowie neue, spannende Jobs zu schaffen. Wie auch immer – eines zeigt sich bereits sehr deutlich: Intelligente Systeme, vor allem KI-gestützte Sprachmodelle, die Texte generieren, können bereits bei der Suche nach dem Wunschjob umfangreiche Hilfestellung leisten. Das freut besonders diejenigen, die Schwierigkeiten haben, sich in Schriftform optimal zu präsentieren: Ein kurzer Befehl, und in Sekundenschnelle hat die KI Lebenslauf und Motivationsschreiben verfasst. Ist es wirklich so einfach? Wir haben das Potenzial von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt sowie das Für und Wider von KI-basierten Bewerbungen zusammengefasst.

 

KI prägt unsere Arbeitswelt: Gefahr oder Chance?

 

Die Realität des heutigen Arbeitsmarktes gibt den Befürwortern der Künstlichen Intelligenz ebenso recht wie den Skeptikern. Mehrere Studien zu den Folgen von KI für die Arbeitswelt kamen zu denselben Ergebnissen: Künstliche Intelligenz beeinflusst insbesondere Jobs, die sich auf die Verarbeitung und Analyse von Texten und Daten konzentrieren und in denen Abläufe und Aufgaben automatisiert werden können, also z. B. Programmierer, Mathematiker, Übersetzer, Texter, Journalisten oder Buchhalter. Vertreter dieser Berufsgruppen haben also durchaus Grund zur Befürchtung, dass KI in der Zukunft ihre Aufgaben wenigstens teilweise übernehmen kann. Wo jedoch vor allem menschliche Kommunikation und Kreativität die Arbeit prägen, wird KI kaum die Vorherrschaft übernehmen können, wie etwa bei Künstlern, Erziehern oder Physio- und Psychotherapeuten.

 

Anders als in Industrieländern wie z. B. Japan oder China, wo man der Artificial Intelligence mehrheitlich positiv gegenübersteht, zeigen sich die Deutschen in dieser Hinsicht zurückhaltend. Laut dem automatica Trendindex 2023 der Messe München, der auf einer Befragung von 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland beruht, glauben zwar 67 Prozent der Befragten, dass KI-Systeme für die Arbeitsplätze der Zukunft hilfreich sein werden. Dem Trendindex zufolge ist es aber rund 85 Prozent der Arbeitnehmer wichtig, dass die eingesetzte KI immer als solche erkennbar bleibt; fast die Hälfte (45 Prozent) findet, dass letztlich der Mensch die Kontrolle über KI-gestützte Maschinen und Systeme behalten müsse.*

 

Beispiel ChatGPT: echt intelligent!

 

Beim Stichwort KI/AI denken viele gleich an ChatGPT („Chat Generative Pre-trained Transformer“), das wohl populärste Sprachmodell des amerikanischen Unternehmens OpenAI, das auch hier in Deutschland bereits vielfach genutzt wird. Datenschutzrechtliche Bedenken und der z. T. nicht ganz aktuelle Wissensstand des Systems sollen hier nicht näher betrachtet werden. Im Fokus steht vielmehr die Frage: Was kann so eine Künstliche Intelligenz tatsächlich leisten? Die Antwort: eine ganze Menge!

 

ChatGPT, der Prototyp eines KI-basierten Chatbots, wurde mit unzähligen Internet-Texten aus Websites, Artikeln, Büchern usw. gefüttert und damit so gut trainiert, dass er über eine enorme Menge von Themen Bescheid weiß und darüber Texte unterschiedlichster Art schreiben sowie Anfragen beantworten kann. Außerdem können Systeme wie ChatGPT verschiedenste Sprachen in eine andere Sprache übersetzen und multilingual kommunizieren, Präsentationen erstellen sowie unterschiedliche, z. B. organisatorische oder Recherche-Aufgaben erledigen. Und: Wie die menschliche, lernt auch die künstliche Intelligenz ständig dazu, wenn sie auf Trab gehalten wird. So führt jede Anfrage dazu, dass die Maschine ihr Wissen erweitert. Es ist also damit zu rechnen, dass ChatGPT & Co. bald schon in der Lage sein werden, immer komplexere Aufgaben zu erledigen, und damit in noch mehr Bereichen eingesetzt werden.

 

Bewerbungen schreiben mit Künstlicher Intelligenz: was alles möglich ist

 

Wo es manchen nun unheimlich wird, sind andere begeistert, z. B. immer mehr Menschen, die sich auf einen Job bewerben. KI-gestützte Text-Tools wie ChatGPT, Rytr, Jasper AI, Creaitor u. a. spielen zunehmend eine Rolle beim Verfassen von Bewerbungen. So ein Chatbot lässt sich im Rahmen des Bewerbungsprozesses für mehrere Aufgaben nutzen: Er kann einen Lebenslauf und ein Anschreiben strukturieren und im jeweils gewünschten Schreibstil verfassen, aber auch blitzschnell relevante Informationen über ein Unternehmen sammeln sowie anhand dessen Stellenbeschreibungen und Arbeitgeberbewertungen Hinweise zum Stellenprofil oder zur Unternehmenskultur liefern. Füttert man ihn mit der Stellenanzeige, verfasst er ein exakt dazu passendes Motivationsschreiben. Manche KI-Software kann darüber hinaus bei der Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch helfen: sie zeichnet Sprache, Körperhaltung, Mimik und Gestik auf und analysiert sie, stellt typische Interviewfragen und bewertet bzw. optimiert die Antworten.

 

Grenzen der KI-verfassten Bewerbung

 

Wer nun aber glaubt, künstliche Intelligenz nehme einem bei der Jobsuche wirklich alle Arbeit ab, der täuscht sich grundlegend. Die Verantwortung für eine Bewerbung hat immer der Mensch, der sich bewirbt. So sollten auch Texte wie Lebenslauf oder Motivationsschreiben, die eine Maschine liefert, immer nur als Vorschläge verstanden werden. Simon Umminger: Nutzung von KI-Tools ist ok, aber ist eben nur eine Maschine. Es treten stilistische und grammatikalische Fehler auf, außerdem fehlt in der Regel die persönliche Note. Genau die aber wollen Personaler unbedingt haben. Also darauf achten, dass die KI-verfasste Bewerbung vom Bewerber selbst korrigiert, angepasst und optimiert wird.

 

Bewerber, die KI-gestützte Tools im Bewerbungsprozess nutzen, sollten insbesondere folgende Tipps beherzigen:

 

  • Sie möchten einen Chatbot beauftragen, einen Lebenslauf und ein Anschreiben zu verfassen? Überlegen Sie vorher: Was reizt mich an der ausgeschriebenen Stelle und an genau diesem Unternehmen? Was befähigt ausgerechnet mich für diesen Job? Erfülle ich die Anforderungen, die in der Stellenbeschreibung genannt sind? Wenn Sie sich über diese wichtigen Punkte im Klaren sind, wird es leichter für Sie, die KI-verfassten Texte an Ihre Person und Qualifikationen anzupassen und zu individualisieren.
  • Geben Sie dem Tool so viele Informationen wie möglich, damit er einen auf Sie zugeschnittenen Textvorschlag liefern kann. Wer einem Chatbot nur magere Auskünfte erteilt, erhält in der Regel ein austauschbares Ergebnis, das kaum einen Personaler interessiert. Der „Prompt“oder das „Prompten“ (= die Anfrage an einen Chatbot) sollte also möglichst viele persönliche und berufsbezogene Details zur angestrebten Stelle und zu Ihrer Qualifikation enthalten: Berufserfahrung, frühere Positionen, Erfolge und Verantwortlichkeiten sowie die ganz spezifischen Kenntnisse, über die Sie verfügen. Vergessen Sie dabei auch Ihre Soft Skills nicht!
  • Die KI hat Fakten zum Unternehmen in das Bewerbungsschreiben eingebaut? Überprüfen Sie diese unbedingt auf ihre sachliche Richtigkeit!
  • Schauen Sie gezielt nach grammatikalischen Patzern, Schreibfehlern und stilistischen No-gos, die bei Textgeneratoren immer wieder auftauchen. So ist etwa die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ wirklich nur dann ok, wenn an keiner Stelle eine Ansprechperson genannt wird und das Unternehmen eher konservativ ausgerichtet ist. Ein Komma nach „Mit freundlichen Grüßen“ ist immer falsch! Und das formelhafte „Hiermit bewerbe ich mich um ...“ am Anfang des Anschreibens sollten Sie sofort löschen und durch einen interessanten Einstieg ersetzen.
  • Die Bewerbungsschreiben sind fertig formuliert? Dann überprüfen Sie sie noch einmal genau. Fragen Sie sich dabei auch, ob die Schreiben Ihre Persönlichkeit wiederspiegeln und Sie sich damit wirklich wohlfühlen. Erst dann sollten Sie Ihre Bewerbung auf den Weg schicken.

 

Auch Personaler profitieren von KI!

 

Selbstverständlich wird die Künstliche Intelligenz nicht nur von Jobsuchenden genutzt, sondern auch von immer mehr Arbeitgebern beim Recruiting. HR-Abteilungen und Personaler setzen beispielsweise KI-Systeme ein, um eingehende Bewerbungen auf bestimmte Inhalte zu scannen. Häufig verwendet wird die KI-basierte Tracking-Software ATS (Applicant Tracking System) zum sogenannten „Resume Parsing“ oder „CV Parsing“ im Rahmen des automatisierten Recruitings. ATS durchsucht und analysiert eingegangene Bewerbungen nach wichtigen Schlüsselwörtern, Informationen und weiteren gewünschten Inhalten. Bewerbungen, in denen diese fehlen, werden gleich aussortiert und erhalten eine automatische Absage; die Vorauswahl der fähigsten Kandidaten ist somit schnell getroffen.

Zitatvorschlag Tintschl: Jobsuchende wiederum können diese Automation nutzen und ihre Bewerbung ATS-gerecht gestalten. Das geht so: Stellenanzeige nach bestimmten Keywords und Phrasen durchsuchen, z. B. besondere Qualifikationen, charakteristische Tätigkeitsfelder und berufsspezifische Erfahrungen, und diese in den Lebenslauf schreiben,

 

KI-Bewerbung: meist korrekt, aber oft langweilig und austauschbar

 

Sofern sie nicht dringendst auf Fachpersonal angewiesen sind und daher nicht allzu wählerisch sein dürfen, achten Recruiter und HR-Experten auch in Zeiten von KI noch sehr stark auf den einzigartigen Charakter und Individualität einer Bewerbung. Tintschl-Zitatvorschlag: Vor allem bei sehr gefragten Jobs mit vielen Interessenten ist Ihre Bewerbung nur dann erfolgversprechend, wenn Sie damit aus der Masse herausragen. Das kann eine Künstliche Intelligenz bisher nicht leisten. Sollte in einer Bewerbung ein KI-verfasster Text vermutet oder gar erkannt werden, ist eine Absage ziemlich sicher.

 

Zahlreiche Berichte von Journalisten, die nach dem Aufkommen von ChatGPT KI-verfasste Fake-Bewerbungen an verschiedene Unternehmen gesendet haben, bestätigen: Standard-Texte kommen generell nicht gut an. Zwar folgten auf einige der Bewerbungen, wohl weil sie professionell und fehlerfrei formuliert waren, tatsächlich Einladungen zum Vorstellungsgespräch. Die Personaler fanden die Bewerbungen aber durchweg langweilig – und das auch dann, wenn sie sie nicht als KI-verfasst erkannten. Was allen Schreiben fehlte, waren Persönlichkeit und Kreativität.

 

Fazit

 

Künstliche Intelligenz kann viele Prozesse in der Arbeitswelt vereinfachen, beschleunigen und erleichtern. Auch Bewerbungen kann KI durchaus wirksam und zeitsparend unterstützen. Jobkandidaten, die nicht wissen, wie sie ihren Lebenslauf strukturieren und ihr Motivationsschreiben formulieren sollen, können sich bei der KI wertvolle Anregungen und Inspirationen holen.

 

ABER: Selbst wenn der Chatbot bei der Anfrage mit vielen detaillierten Informationen versorgt wird, liefert er dennoch Texte, die zwar korrekt und professionell verfasst, dabei aber meist eher unpersönlich, emotionsarm und austauschbar sind. Personaler schätzen jedoch Bewerbungen, aus denen Individualität, Charakter und Kreativität des Kandidaten sprechen. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, die KI-verfasste Bewerbung zu kontrollieren (auch auf grammatikalische, stilistische und inhaltliche Fehler!), sie zu überarbeiten und mit der ganz eigenen, persönlichen Note anzureichern.

Themen: Personaldienstleistung, Bewerber


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