Wie Nebel hilft, Erkenntnisse zu gewinnen

verfasst von Bernd Schubert - 07.01.2021

Nebel Flowmarker

Luft ist nicht sichtbar. Somit ist es nicht möglich, Luftströmungen mit dem bloßen Auge zu verfolgen. Wie kann man die Strömungen des durchsichtigen Gasgemischs aber beobachtbar machen, um beispielsweise in der Forschung wichtige Erkenntnisse zu gewinnen? Die Lösung lautet: Nebel.

Selbst gemachter Niederschlag

Künstlicher Nebel ist – neben seinem Einsatz in der Filmindustrie oder bei Bühnenshows – ein probates Mittel zur Sichtbarmachung von Strömungen. In die Luftströmung werden feine Wassertröpfchen gesprüht, an denen sich das Licht bricht, sodass wir sie als weißen Nebelfaden wahrnehmen können. Die Betonung liegt hier auf „Wasser“ – denn im Gegensatz zu Rauch und auf Öl und anderen Chemikalien basierenden Nebeln besteht der künstliche Nebel der Firma Safex Chemie aus Wasser, das um ein Alkoholmolekül zu mikrometergroßen Tröpfchen kondensiert. Neben den gesundheitlichen Vorzügen hat dies den Vorteil, dass sich der an kalten Oberflächen automatisch bildende Niederschlag wieder vollständig auflöst.

Prämierte Entwicklung mit langer Geschichte

In den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts gelang dem Chemietechniker Günther Schaidt eine Entwicklung, die die Unterhaltungsbranche revolutionierte und ihm schließlich einen Oscar einbrachte: eine Nebelmaschine, deren Dampf weder Gesundheits- noch Brandgefahr barg. Sein Erfolg mündete in die Gründung des Unternehmens Safex Chemie. Dieses hat neben großen Anlagen für Bühnen- und Filmproduktionen auch kleine Handnebelgeräte für wissenschaftliche Anwendungen im Portfolio.

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Abb. 1: Nebelflüssigkeiten der Firma Safex Chemie (Herstellerfoto)

Vom gewaltigen Sturm bis zum behaglichen Lüftchen

Per Wassertröpfen aus dem Generator ist es nun also möglich, gezielt Luftströmungen als Nebelfaden sichtbar zu machen. Das funktioniert nicht nur mit einem einzelnen Faden – für mehrere Fäden übereinander werden beispielsweise Glyzerintropfen auf einem beheizten Draht verdampft oder es werden speziell gewinkelte Nebelrechen.

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Abb. 2: Anstellversuch eines Tragflügels im Windkanal der TH Nürnberg (BS)

Die Strömungsgeschwindigkeiten können dabei bis zu 60 Meter pro Sekunde, also über 200 Stundenkilometer, betragen.

Für die Forschung genauso interessant sind aber auch Luftbewegungen im unteren Bereich der Geschwindigkeitsskala. Ein Beispiel dafür sind Raumluftströmungen von 0,1 bis 0,4 Metern pro Sekunde – diese sind relevant für die empfundene Behaglichkeit.

Zur Sichtbarmachung dieser niedrigen Strömungen verwendete man früher unter anderem Titantetrachlorid oder Glasröhrchen mit rauchender Schwefelsäure, da der so erzeugte Rauch im Gegensatz zu damals eingesetzten Nebelerzeugern keine eigene Thermik hatte und der tatsächlichen Strömung folgte.

Versuche zur Sichtbarmachung

Abb. 3: Erste Versuche zur Sichtbarmachung des Einflusses von Leitblechen an Laborabzügen (BS)

Ein Nachteil des chemischen Nebels ist seine Aggressivität – so entstand damals manches Loch in den eigenen Jeans.

Erst durch eine gezielte Nebelkühlung und genaueste Dosierung gelang es unter Federführung von Günther Schaidt, ein Gerät zu bauen, das gleichmäßig geringe Mengen an Nebel erzeugt, der auch bei kleinsten Geschwindigkeiten tatsächlich der Strömung folgt.

Neutraler Nebel mit dem FlowMarker®

Handnebelgerät
Abb. 5: Handnebelgerät zur Erzeugung thermisch inaktiven Nebels (Melanie Hofmeier)

Nebeltasse
Abb. 6: Nebeltasse (BS)

Die besondere Eigenschaft des FlowMarker®: Der Nebel wird durch den Wärmetauscher am Adapterrohr und die optimale Beimischung von Umgebungsluft auf annährend die gleiche Dichte wie die umgebende Luft gebracht. Wie neutral der Nebel ist, zeigt ein Versuch, bei dem der Nebel in ein Gefäß, zum Beispiel eine Tasse, gefüllt wird und man dann einen Finger in den Nebel steckt: Allein durch die Handwärme steigt der Nebel am Finger entlang auf.

Funktionsprinzip des Nebelgeräts FlowMarker®

Das Nebelfluid wird zunächst in eine Dose gefüllt. Diese wird dann mit Stickstoff als Treibmittel unter Druck gesetzt. Deshalb müssen die Dosen beim Transport per Luftfracht übrigens als Gefahrstoff deklariert werden.

Beim Befüllen des Tanks des FlowMarker® wird die eingebaute Feder gespannt, die später bei der Nebelerzeugung das Fluid durch den Heizköper drückt.

Wichtig ist dabei, die Dose unten und das Nebelgerät oben aufzusetzen, da sonst das Treibmittel und nicht die Flüssigkeit in den Tank gelangt! Sollte doch einmal Luft in den Tank gelangt sein, schafft Entlüften in der gleichen aufrechten Position Abhilfe. Das Gerät wird dazu so lange laufen gelassen, bis die Luft deutlich zischend entwichen ist.

Der Heizkörper im Inneren des Nebelgeräts wird elektrisch durch die Batterie auf eine bestimmte Temperatur gebracht – und gehalten. Erst nach Erreichen der notwendigen Temperatur kann das elektrische Ventil durch Druck auf den Auslöseknopf geöffnet werden.
In der Kapillare im Heizkörper wird das Fluid stark erhitzt, bei Austritt aus der Düse verdampft es schlagartig. Beim Verdampfungsprozess wird der Umgebung Energie entzogen – so unterschreitet die feuchte Luft den Taupunkt und es bilden sich um die Alkoholmoleküle feinste Wassertröpfchen, die als Nebel sichtbar werden.

Da für das Aufheizen in kurzer Zeit eine hohe Leistung notwendig ist, wird eine spezielle Blei-Gel-Batterie verwendet. Diese Batterie ist langlebig und ungefährlicher als die Stromspeicher, wie sie in Mobiltelefonen genutzt werden. Sie darf allerdings nicht leer gelagert oder tiefentladen werden. Deshalb sollte vor dem Lagern des Geräts die Batterie immer noch einmal voll aufgeladen werden.

Von welcher Dauer ist der Nebel?

Ein Parameter zur Steuerung der „Lebensdauer“ des Nebels ist die Größe der Wassertröpfchen: je größer, desto langlebiger. Eine wesentliche Rolle spielen dabei aber auch die schon vorhandene Luftfeuchtigkeit und -temperatur. Künstlicher Nebel ist nur im Bereich von –4° Celsius bis maximal +60° Celsius gut sichtbar, wobei der Nebel bei tieferen Temperaturen länger erhalten bleibt.

Gibt es neben weißem auch bunten Nebel?

Es gibt keinen bunten Nebel – Nebel ist immer weiß. Was man als farbigen Nebel kennt, ist in Wirklichkeit Rauch, sprich feine Partikel, die das Licht mit einer Wellenlänge reflektieren. Anders bei Nebel: Er besteht aus den Komponenten Luft und Wasser und diese sind – zumindest in sauberem Zustand – durchsichtig. Im Nebel müssen Lichtstrahlen ständig die Grenzflächen von Luft und Wassertröpfchen passieren, werden dabei gebrochen und reflektiert. Letztendlich entsteht ein völliges Durcheinander und damit ein für Licht undurchdringliches Weiß. (Quelle: ORF ON Science)

Topics: Strömungstechnik


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